Selbstverständnis

Das offene Zentrum ist in seinen Grundanlagen politisch. Es fördert solidarisches Handeln und gegenseitige Hilfe gegen die sich immer weiter zuspitzenden kapitalistischen Verhältnisse der Gesellschaft in diesem Land, ja in dieser Welt, denen Konkurrenz und Leistungsgedanke immanent sind. Diese Verhältnisse haben eine Tendenz dazu, andere Entwürfe zu vereinnahmen oder zu „schlucken“, meistens ohne dass einzelne Menschen dafür verantwortlich gemacht werden können.
Besonderen Wert legen alle Beteiligten darauf, offen zu sein für alle Interessierten unabhängig von Herkunft, Muttersprache, Religion, Geschlecht, Alter, körperlicher Befähigung oder finanziellen Möglichkeiten. Angebote sollen möglichst unentgeltlich von allen besucht werden können, wo notwendig werden solidarische Finanzierungsmodelle entwickelt werden.

1. Ziele

Das Offene Zentrum verbindet Kultur und Politik, und fördert Nachhaltigkeit. Das Zentrum soll ein Ort sein, der eine gewisse Strahlkraft entwickelt, so dass er als utopischer oder zumindest alternativer Entwurf sichtbar ist und Teil von gesamtgesellschaftlicher Veränderung sein kann. Es ist ein Raum, in dem Utopien weiter entwickelt werden können. Hier können sich Menschen mit ihren zahlreichen
Potentialen und ihrer Persönlichkeit einbringen, hier soll praktisch gelebt werden, sich autark in eine Gemeinschaft einzubringen und sich an den sich dadurch ergebenden Reibungspunkten Solidarität und Offenheit zu üben. Die persönliche Autonomie der Beteiligten ist die Grundlage für die „Gemeinschaft“ im Offenen Zentrum.
Freiheit ist immer die Freiheit anderer, alles andere ist Egozentrik. Mit niedrigschwelligen, offenen, bunten Angeboten sollen Mitmach-Alternativen zum Bestehenden geschaffen und politische und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden. Ziel ist es auch, dass das Offene Zentrum Initiativen zusammenbringt. Die Ausrichtung des Offenen Zentrums wird an die Menschen angepasst, die dort zusammen kommen.

2. Umsetzung

Mit den im folgenden aufgeführten Vorgaben wollen wir den Umgang miteinander leben und an der Verwirklichung unserer Ziele arbeiten:

Kein Dogmatismus

Anschauungen,insbesondere wenn sie verbunden sind mit dem Ziel, Einfluss auf das Verhalten anderer zu nehmen (Verhaltensregeln), sollten im Offenen Zentrum jederzeit zur Diskussion stehen und sollen in keinem Fall gewaltvoll kommuniziert werden. Es soll vermieden werden dass Regeln etabliert werden, die sich nur auf sich selbst begründen als unangreifbar gelten.

Keine Diskriminierungen

Das Offene Zentrum soll als diskriminierungsfreier Raum gelebt werden. Unter Diskriminierung verstehen wir die Benachteiligung oder Herabwürdigung von Menschen aufgrund von Einstellungen, Vorurteilen oder emotionalen Assoziationen, die oft unbewusst und unreflektiert sind. Nicht diskriminierendes Verhalten sollte sich sowohl in der verbalen Kommunikation, als auch im Verhalten der am Offenen Zentrum Beteiligten widerspiegeln. Voraussetzung hierfür ist die Reflexion eigener Vorurteile und Einstellungen, Rollen und Weltbilder. Diskriminierenden Weltbildern, Einstellungen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (z.B. Sexismus, Rassismus, Homophobie, Antisemitismus) soll im Offenen Zentrum in keiner Weise Raum gegeben werden.

Respekt, Achtung und Achtsamkeit

Die Achtung der Würde anderer Menschen ist eine zentrale handlungsleitende Norm im Offenen Zentrum. Hierzu ist Achtsamkeit in der alltäglichen Kommunikation sowie im alltäglichen Handeln erforderlich. Jede*r soll sich nach ihren Bedürfnissen, jede*r nach ihren Möglichkeiten” einbringen können. Wir wollen einen wertschätzenden und verständnisvollen Umgang miteinander leben, hierbei hat jede* eine individuelle Verantwortung aufgrund ihres Engagements den anderen und deren Engagement
gegenüber zu tragen. Die Leitlinien zur gewaltfreien Kommunikation sollen hierzu Anregung und Orientierungshilfe geben.

Gewaltfreie Kommunikation

Es muss ein Klima vorhanden sein, in dem über als diskriminierend wahrgenommenes Verhalten oder Aussagen ohne Ängste und Hemmungen gesprochen werden kann. Es soll über solche Wahrnehmungen und Bedürfnisse in geeigneter Weise, das heißt gewaltfrei und klärungsorientiert gesprochen werden. Diese Verhaltens- und Kommunikationsweisen sollen in eigens hierfür ausgerichteten Workshops sowie in der alltäglichen Kommunikation gefördert werden.

Genderfaire Kommuniation

Ein besonders Augenmerk sollte dabei auf genderfaires Kommunikationsverhalten gelegt werden. Die gesellschaftlich erlernten männlichen und weiblichen Rollenbilder sollten besonders reflektiert werden, da sie häufig zu einem dominaten Kommunikationsverhalten männlich sozialisierter Personen führen (Lautstärke, Redeanteile etc.). Dies gilt es immer wieder aufzuzeigen und zu problematisieren.
Für die Beteiligung am Plenum wollen wir dies zuerst einmal damit in den Griff bekommen, dass Personen, die sich in einer Diskussion zu Wort melden wollen, Ihre Beiträge mit den folgenden Fragen prüfen:

  • Ist das, was ich beitragen möchten, nicht vielleicht schon gesagt worden?
  • Ist das wirklich wichtig?
  • Warum möchte ich das sagen?

Außerdem sollen Personen, die sich das erste Mal in einer Diskussion melden, anderen in der Diskussion schon Beteiligten vorgezogen werden.

Kooperation und Solidarität

Wichtige Grundsätze des Offenen Zentrums sind Kooperation und Solidarität. Ein wichtiger Aspekt ist die relativ bedingungslose gegenseitige Unterstützung/Solidarität untereinander: Alle Vorhaben sollten grundsätzlich von den im Offenen Zentrum Mitwirkenden unterstützt werden sofern diese Unterstützung gewünscht ist und die Vorhaben mit den Prinzipien des Offenen Zentrums in Einklang stehen.

Keine Hierarchien, Grass-Roots-Movement

Wir versuchen, ohne Hierarchien auszukommen, entstehende Hierarchien möglichst unmittelbar zu minimieren und diesen entgegen zu wirken. Deshalb sollen alle Funktionen (z.B. Moderation der Plena, Protokolle, etc.) im Offenen Zentrum rotieren, wie oft das geschehen soll, hängt von den Funktionen ab. Damit nicht immer die gleichen Leute alles machen und man andere verliert, bzw. um keine Informations-Hierarchie zu begünstigen, wollen wir auch Menschen motivieren, Funktionen zu übernehmen, die sich aus irgendwelchen Gründen nicht trauen oder dazu berufen fühlen.
Die absolute Vermeidung von Hierarchien (auch je nach Definition) wird wohl nie funktionieren. Es wird immer einige geben, die temporär oder ständig mehr Zeit oder Energie als andere haben, diese einbringen und dadurch z.B. Wissensvorsprünge gegenüber anderen haben oder durch ihre häufige Präsenz an vielen Prozessen beteiligt sind. Auch werden die Beteiligten in unterschiedlichem Maß Kompetenzen bezüglich der Abläufe innerhalb des Zentrums entwickeln oder vertiefen. Dadurch wird ihre Meinung (manche würde sagen, zurecht) in kontroversen Debatten ein großes Gewicht haben. Dies lässt sich nicht final auflösen. Wichtig ist das Wissen darum und dass dies keine in Stein gemeißelten Verhältnisse sind. Deshalb ist es wichtig, durchlässige Strukturen zu entwickeln, in denen Leute Kompetenzen entwickeln und Rollen übernehmen oder begleitet in diese hineinwachsen können.
Zudem wollen wir eine kleine Vertrauensgruppe (evtl. externe Menschen) etablieren, deren Aufgabe es ist für einen bestimmten Zeitraum (z.B. sechs Monate) über das Entstehen von Hierarchien zu wachen, auf diese hinzuweisen (in Plenum oder persönlichem Gespräch) und ggf. Schritte einzuleiten um dem zu begegnen. Darüber hinaus wollen wir mit Supervision, die von allen Beteiligten des offenen Zentrums genutzt werden kann, um Probleme anzusprechen, versuchen, der Versteinerung von Machtverhältnissen zu begegnen. Dies soll mit Weiterbildungsmöglichkeiten bzgl. gewaltfreier Kommunikation unterstützt werden.
Verwaltungstechnisch wollen wir Hierarchien vermeiden, indem wir uns als Verein aufstellen. Während organisatorische Angelegenheiten, wir Miete und Versicherung über den Verein laufen, sind inhaltliche Entscheidungen im Plenum zu treffen.

Das Plenum entscheidet

Das Plenum steht in seiner Entscheidungskraft an erster Stelle. Im Plenum beschlossene Entscheidungen werden intern veröffentlicht, relevante Einwände können dann bis zum nächsten Plenum eingebracht werden und führen zu einer erneuten Abstimmung.

Begründungen von Beschlüssen sollen im Protokoll ausreichend detailliert dargelegt werden, damit sich abwesende Personen ein Bild von der Entscheidung machen können. Zudem sollte nur in den Fällen, in denen sehr starker Widerstand besteht, eine im Plenum gemachter Beschluss nochmal (im darauf folgenden Plenum) zur Diskussion gebracht werden. Bei Themen, die wichtige Weichen stellen und Grundsätze betreffen, sollten zudem ein Großteil (ca. ¾?) der zu der Zeit aktiven Leuten anwesend sein. Es könnte sonst sein, dass sich in unterschiedlichen Konstellationen getroffen wird, und immer wieder andere Beschlüsse gemacht werden.
Im Plenum versuchen wir Entscheidungen mit systemischen Konsensieren zu fällen. Dies ist eine Alternative zu basisdemokratischen Entscheidungsprozessen. Während Mehrheitsdemokratie oft auch als die „Diktatur der Mehrheit“ verstanden werden kann, geht es beim Systemischen Konsensieren darum, die Lösung zu finden, bei der die Beteiligten die geringsten Bedenken/Widerstände haben:

  • Thema vorstellen (Worum geht es?)
  • alle Lösungen einbringen
  • Argumente/Meinungen dazu bringen
  • Nachfragen stellen
  • Widerstände/Bedenken äußern (mit aufzeigen der Bedenken 0-5 o.ä. – 0=keine Bedenken, 1, 2, 3=mittelgroße Bedenken, 4, 5=Veto)
  • Lösung mit geringsten Widerständen festhalten

Transparente Strukturen

Alle am Offenen Zentrum Beteiligten müssen die Möglichkeit haben über die für die für dessen Gestaltung relevanten Entscheidungen und aktuell diskutierten Fragestellungen Informationen zu erhalten. Es muss zudem die Möglichkeit geben, an allen Diskussionen teilzuhaben, ohne im Plenum anwesend zu sein. Die Kommunikationswege müssen entsprechend ausgestaltet sein.

Dies ist unter anderem über gemeinsame Schreib-Pads gewährleistet; den Zugang zum RiseUp gibt es hier.

Offenheit

Auch Menschen, die sich den Offenen Zentrum (noch) nicht zugehörig fühlen sollen ohne
Vorbehalte aufgenommen werden und an der inhaltlichen und praktischen Arbeit mitwirken. Es kann weder Ziel noch Bedingung für konstruktive gemeinsame Arbeit oder respektvollen Umgang miteinander sein, dass die Aktiven persönlich eng befreundet sein müssen oder sollen.

Auf der sozialen Ebene ist Offenheit am schwierigsten umzusetzen. Menschen werden von unterschiedlichen Normen und Werten geleitet. Im Hinblick auf die Ziele des Offenen Zentrums, Initiativen zu Nachhaltigkeit, Solidarität und gelebten Utopien zusammenzubringen, [arbeitet man ab und zu auch mit Menschen, die man nicht mag oder eben nicht gut versteht]. Das Prinzip der Offenheit bringt es mit sich, eigene Normen und Werte zu hinterfragen und andere Normen und Werte zu akzeptieren, solange sie dem übergeordnete Ziel des Offenen Zentrums nicht widersprechen. Wir bemühen uns konsequent, auch Menschen willkommen zu heißen, deren Verhalten uns zunächst anstößig erscheint. Mit welchen Menschen eine Zusammenarbeit nicht
möglich ist, wird situationsabhängig entschieden. Also Nazis fliegen sofort raus, sobald mensch sie am Verhalten, Sprüchen, etc. erkennt. Alle Leute von der Straße, die ins Zentrum kommen, sind willkommen, solange Sie sich nicht übergriffig verhalten.
Auf Menschen, die sich etwas übergriffig verhalten, wird eingewirkt, respektvoller mit anderen umzugehen. Das Ansprechen dieser Menschen soll immer zu zweit durchgeführt werden.
Persönliche Vorbehalte dürfen keine Begründung für Antiverhalten sein. Es soll ein Handlungsleitfaden erstellt werden, in welchem z.B. auch Hausverbote drin stehen, damit diese auch durchgesetzt werden können. Die No-Go’s müssen festgelegt werden.
Auf der organisatorischen Ebene gewährleisten wir Offenheit, indem Anfragen für Veranstaltungen von „außen“ möglichst unkompliziert stattfinden können. Die Person, bei der die Anfrage gestellt wird, informiert alle Mitglieder des Plenums. Kommt kein Veto zurück & findet die angesprochene Person Ressourcen um die Veranstaltung zu organisieren, kann diese stattfinden.
Auf der räumlichen Ebene wird Offenheit dadurch gewährleistet, dass keine Räume 24/7 von bestimmten Gruppen mit geschlossenen Türen besetzt werden. So behält sich das Offene Zentrum das Recht vor, Räume, die z.B. als Atelier benutzt werden, für größere Veranstaltungen zu öffnen (unter Garantie, dass den eingelagerten Dingen nichts passiert).

Angebote, Veranstaltungen, Spenden

Es soll im Offenen Zentrum keine Angebote gegen Geld geben, die regelmäßig stattfinden. Regelmäßige Angebote, die von den Besucher*Innen bezahlt werden müssen, können leicht Hierarchien entstehen lassen. Es entstünde so ein Ungleichgewicht, da nicht alle Geld für ihre Angebote bekommen und zudem eine Abhängigkeit der Anbieter*Innen vom Zentrum, die ihren Lebensunterhalt mit Ihren Angeboten verdienen, entstehen würde. Dies wäre auch ähnlich, wenn diese auf Spendenbasis abgegolten werden würden, weil dann trotzdem sozialer oder innerer
Druck darüber entsteht, etwas zu geben und Menschen abschreckt an Angeboten teilzunehmen.
Für einmalige Veranstaltungen vom Offenen Zentrum oder Externen (Konzerte, Info-Veranstaltungen, Workshops) können Spenden (auf Basis einen Richtwerts) gesammelt werden, die dann auf die Veranstaltenden und das Offene Zentrum verteilt werden. Dies soll dann im Einzelfall entschieden werden.
Getränke sollen für einen Betrag gem. Spendenempfehlung ausgegeben werden, zusätzlich soll es eine Soli-Kasse geben (gib und nimm: ein Topf in den man sein Kleingeld wirft und wer was braucht, kann sich was raus nehmen).
Falls es noch notwendig oder opportun sein sollte (je nach Räumlichkeit), dass eine weitere mietende Partei (autonom vom Offenen Zentrum) mit in die Räumlichkeiten einzieht, stehen wir dem offen gegenüber.